France Preseren
1800
– 1849
In
Übersetzungen von
Lili Novy
O Vrba, Dorf im heimatlichen
Frieden,
Du Ort, um meines Vaters Haus
gebreitet!
O hätte nie mich Wissensgier
verleitet,
Die falsche Schlange, dass ich dich gemieden!
Ich wüsste nicht, wie
Gift sich uns hinieden
Aus dem erhofften Süssen stets bereitet;
Der Glaube an mich selbst, der mich begleitet,
Er wäre nicht im innern Sturm geschieden!
Ihr Herz zusamt der
Hand, der arbeitsamen,
Die reichste Mitgift, hätte ich bekommen,
Verband ich meinem der Erwählten Namen;
Und ruhig wäre so mein
Schiff geschwommen,
Vor Brand und Hagel hätte Haus und Samen
Sankt Markus nachbarlich in Schutz genommen.
Der Wanderer, der die Wüste
will durchstreben,
verliert den Weg; schon
fallen Dämmerungen,
kein Licht ist durch die
Wolke noch gedrungen,
ins Gras gestreckt, ersehnt
er es ergeben.
Der Himmel läßt den Mond
erstrahlend schweben;
da sieht er Nattern, Knäueln
gleich verschlungen,
sieht hier die Höhle mit den
Tigerjungen,
den Löwen sieht er dort sein
Haupt erheben.
So war im Jüngling, das zu
schaun, ein Drängen,
was jetzt die Tage ihm als
Schicksal hegen,
solang die Zukunft stand, es
zu verhängen.
Die Nacht erhellte sich, und
ihm entgegen
gähnt Lebensekel, Not,
Beschwer in Mengen,
ein Abgrund, bar von allen
Rettungswegen.
Die Eiche, die der Sturm des
Winters fällte,
wird, wenn sich warme
Sonnenstrahlen zeigen,
noch da und dort ergrünen an
den Zweigen,
die noch die alte Kraft der
Säfte schwellte;
und doch ist keine Hoffnung
mehr, die gälte;
beginnt der nächste Lenz den
Jahresreigen,
wird kaum noch Leben in den
Schößling steigen,
den schon der Moder sich zum
Fraße wählte.
So steht der Ärmste,
Schicksal, deinem Grimme
zur Wehr, den du aus hohen,
klaren Sphären
zu Boden streckst mit Macht
und Donnerstimme.
Der Tod wird, wenn auch
zögernd, sein begehren,
die Lebenskerze, ob sie
gleich noch glimme,
wird bald bis zum Erlöschen
sich verzehren.
Der, dem das Glück hat ins
Gesicht geschlagen,
ihm, so wie mir, nur Ungunst
zuzuwenden,
wird auch mit hunderten
Gigantenhänden
die Gaben Plutos nie zuhaufe
tragen.
Auf seinem Weg wird Dorn und
Distel ragen,
stets sammelt sich vor
seiner Heimstadt Wänden
ein See von Ungemach, um
ohne Enden
dawider dumpf den Wellenstoß
zu jagen.
Er wird, gehetzt von Sorgen
und Beschwerden,
so weit er fliehe, ihnen nie
entweichen,
und nirgends kann dem
Ärmsten Ruhe werden;
im kühlen Hause wird er erst
erreichen,
daß ihm nach seinem letzten
Weg auf Erden
der Tod den Schweiß wird von
der Stirne streichen.
Im Lebenskerker Riese Zeit,
der Henker,
der Sorge anverlobt, der
ewig jungen;
zum treuen Knecht ist ihm
der Schmerz verdungen,
der Wächter, Gram, wird
weder alt, noch kränker.
Tod, säume nicht, du
freundlicher Beschenker,
du Schlüssel, Türe, endlich
aufgesprungen,
du weg, aus Qualen und
Erniedrigungen
dorthin, wo Moder Ketten
bricht, uns Lenker;
dorthin du führst, dort
schlägt der Feind ins Leere,
dort ist der Mensch vor
allem Haß gerettet,
dort wird er frei von aller
Last und Schwere,
dort schläft er tief, der
erde eingebettet;
so laut auch euer Lärm, ihr
Nöte, wäre,
ist keiner, den ihr dort
ermuntert hättet.
Ich will mich, Schicksal,
fürder nicht beklagen
ob deiner Feindschaft, will
dich nicht mehr höhnen!
Ich konnte mich, gottlob,
daran gewöhnen,
daß mich mich im
Lebenskerker Leiden plagen!
Die Schulter weiß ihr Bündel
Holz zu tragen,
der Mund sich bittrem Becher
zu versöhnen;
verhornter Sohle darf ich
ohne Stöhnen
auf scharfes Dorngestrüpp zu
treten wagen.
Ich bin erstarrt an Gliedern
und Gelenken,
mein Herz verlor versteinend
sein Empfinden,
gefesselt muß der Geist die
Flügel senken.
Du magst, Geschick, nun
Frucht und Hoffnung schwinden,
mich streichen, magst mit
Schlägen mich bedenken,
als Holzklotz wirst du mich
und fühllos finden.
Des Lebens Länge ist von
kurzer Dauer,
viel Freunde hat die
Schaufel schon vergraben!
Das immer offne Grab, es
will uns haben,
doch kein Kalender nennt den
Tag genauer.
Der Tod steht zarter Jugend
schon auf Lauer,
von ihm wird keiner frei
durch Gold und Gaben;
ob Freude uns umlärmt, uns
Lieder laben,
nichts scheucht den
Lebensdieb und seine Schauer.
So denke, wer die Welt
genießt aufs beste,
und wer da eilends läuft von
Fest zu Feste:
des Todes Ernte reift mit
jedem Tage.
Mag sein, das der, des
Lippen eben sangen,
im Sterbelaken, eh der Tag
vergangen,
stummdröhnend uns: „Memento
mori! sage.
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